Tot oder lebendig?

Durchforsche dein eigenes Herz! Befindest du dich unter den Lebenden oder unter den Toten?

Lass mich dir zunächst sagen, was wir alle von Natur aus sind: Wir sind geistlich TOT!

„Tot” ist ein starkes Wort – ich habe es mir jedoch nicht ausgewählt. Der Heilige Geist inspirierte Paulus, es über die Epheser niederzuschreiben: „…auch euch, die ihr tot wart durch Übertretungen und Sünden…[hat Gott] lebendig gemacht”. Der Herr Jesus Christus machte im Gleichnis vom verlorenen Sohn davon Gebrauch: „Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden.” (Lk 15:24.32). Du wirst es auch im ersten Brief an Timotheus lesen: „…eine genusssüchtige jedoch ist lebendig tot” (1Tim 5:6). Kann ein Sterblicher sich anmaßen, weiser zu sein als das, was niedergeschrieben wurde? Muss ich nicht darauf bedacht sein, das zu sagen, was ich in der Bibel finde, und zwar weder weniger noch mehr?

„Tot” ist eine schreckliche Vorstellung, mit welcher der Mensch äußerst ungern konfrontiert werden möchte. Es ist ihm nicht angenehm, dass das gesamte Ausmaß seines Seelenleids offenbar wird. Er schließt die Augen vor dem tatsächlichen Umfang der Gefahr, in welcher er sich befindet. So mancher wird uns erlauben, zu sagen, dass die meisten Menschen von Natur aus „nicht gerade das sind, was sie sein sollten. Sie sind gedankenlos, unbeständig, wild oder nehmen es nicht ernst genug.” Aber tot? Nein, nein! Das wäre zu viel gesagt. Der Gedanke allein ist bereits ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Strauchelns.

„Uns geht es nicht besser, weil unsere Erkrankung nicht genau bekannt ist; weil wir nicht wissen, wie schlecht es um uns steht.” (aus Usher’s Sermon)

Dies ist sowohl der natürliche Zustand eines jeden Menschen in Bezug auf seine Seele wie auch der Zustand der überwiegenden Mehrheit der Menschen um uns herum, wenn es um geistliche Dinge geht. Gott redet unaufhörlich zu ihnen, in Form von Gnadenerweisen, Leiden, Botschaften oder durch Sein Wort; doch sie hören Seine Stimme nicht.

Der Herr Jesus Christus trauert um sie, Er fleht sie an, sendet ihnen gnädige Einladungen, klopft an die Tür ihres Herzens, doch sie schenken Ihm keine Beachtung.

Die Krone und der Ruhm ihres Daseins, jenes kostbare Juwel, ihre unsterbliche Seele, wird konfisziert, geplündert und davongetragen, und sie sind völlig sorglos. Der Teufel trägt sie Tag für Tag davon, auf dem breiten Weg, der zur Verdammnis führt, und sie lassen sich widerstandslos zu seinen Gefangenen machen. All dies geschieht überall um uns herum, unter allen Schichten, über die gesamte Länge und Breite des Landes. Dein eigenes Gewissen teilt es dir mit, während du dieses Blatt liest – du musst dir dessen bewusst sein! Du kannst es nicht leugnen. Was kann wahrhaftiger sein als das, was Gott sagt? Jeder Mensch ist von Natur aus geistlich tot.

Ja, wenn das Herz eines Menschen gegenüber Religion kalt und unbesorgt ist, wenn sich seine Hände niemals im Werk des Herrn regen, wenn seine Füße nicht mit Gottes Wegen vertraut sind, wenn sich seine Zunge selten oder nie im Gebet und Lobpreis ergeht, wenn seine Ohren taub sind gegenüber der Stimme Christi in den Evangelien, wenn seine Augen für die Schönheit des Himmelreichs blind sind, wenn sein Verstand erfüllt ist von der Welt und keinen Raum für geistliche Dinge lässt – wenn ein Mensch diese Anzeichen aufweist, dann ist das Wort, welches die Bibel verwendet, das richtige Wort für ihn. Und dieses Wort lautet: tot.

Wir mögen unsere Augen sowohl vor den Tatsachen in der Welt als auch vor Versen in Seinem Wort schließen, doch Gottes Wahrheit muss ausgesprochen werden. Sie zurück zu halten, bringt garantiert Schaden mit sich. Die Wahrheit muss gesagt werden, wie verurteilend sie auch sein mag. Solange ein Mensch Gott nicht mit Geist, Leib und Seele dient, lebt er nicht wirklich. Solange er das Erste an letzter und das Letzte an erster Stelle setzt, sein Talent wie ein unnützer Knecht vergräbt und dem Herrn keine ehrerbietigen Erträge einbringt, ist er in Gottes Augen tot. Er füllt nicht den Platz in der Schöpfung aus, für den er bestimmt war. Er nutzt seine Kräfte und Fähigkeiten nicht so, wie Gott es beabsichtigt hatte. Die Worte des Lyrikers sind absolut wahr:

„Es lebt nur der, der für Gott lebt, alle anderen sind tot.”

Dies ist die wahre Erklärung dafür, dass Sünde nicht empfunden und Predigten kein Glauben geschenkt wird; dass gute Ratschläge nicht befolgt und das Evangelium nicht angenommen wird; dass die Welt nicht verlassen und das Kreuz nicht auf sich genommen wird; dass man dem eigenen Willen nicht stirbt und schlechte Gewohnheiten nicht beiseitegelegt werden; dass die Bibel selten gelesen und die Knie nie im Gebet gebeugt werden. Warum geschieht dies überall? Die Antwort ist einfach: Menschen sind tot!

Dies ist der wahre Grund hinter der Flut von Ausreden, die so viele einmütig hervorbringen. Einige haben keine Bildung, andere keine Zeit. Einige sind mit Geschäften und der Sorge ums Geld beschäftigt, andere mit Armut. Einige haben Probleme in ihrer Familie, andere mit ihrer eigenen Gesundheit. Einige sehen sich mit gewissen Hindernissen in Bezug auf ihre Berufung konfrontiert, die andere, wie man uns sagt, nicht nachvollziehen können, und andere haben es mit Missständen im Heim zu tun, von denen sie erwarten, dass sie beseitigt werden. Doch Gott hat ein kürzeres Wort in der Bibel, das all diese Menschen gleichzeitig beschreibt. Er sagt, sie seien tot. Würde sich geistliches Leben in den Herzen dieser Menschen zu regen beginnen, würden ihre Ausreden bald verschwinden.

Du siehst, wie traurig der Zustand all derer ist, die keine geistliche Veränderung erfahren haben. Zwischen ihnen und dem Himmel befindet sich ein Berg der Trennung. Sie müssen noch „aus dem Tod zum Leben” gelangen (1Joh 3:14). Ach, dass sie sich doch ihrer Gefahr bewusst werden würden! Leider zeichnet sich der geistliche Tod, gleich dem natürlichen Tod, dadurch aus, dass er nicht empfunden wird! „Die Toten“, sagt der weise Mann, „wissen gar nichts” (Pred 9:5). Genau das ist der Fall bei toten Seelen.

Außerdem erkennt man, weshalb Prediger sich Sorgen um ihre Gemeinden machen müssen. Wir sind uns dessen bewusst, dass die Zeit kurz bemessen und das Leben ungewiss ist. Wir wissen, dass der geistliche Tod unwillkürlich zum ewigen Tod führt. Wir befürchten, dass manch einer unserer Hörer in seinen Sünden sterben könnte, unvorbereitet, reuelos und unverändert. Wundere dich also nicht, wenn wir oft hart reden und dich herzlich anflehen! Wir wagen es nicht, dir einen schmeichelhaften Ehrentitel zu verleihen, dich mit Nichtigkeiten zu amüsieren, schmeichelhafte Reden zu führen und „Frieden, Frieden” zu rufen, während Leben und Tod auf dem Spiel stehen. Die Plage ist unter euch! Wir stehen zwischen den Lebendigen und den Toten. Wir müssen und werden „mit großer Freimütigkeit auf[treten]” (2Kor 3:12). „Wenn die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zum Kampf rüsten?” (1Kor 14:8).

(Auszug)

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