Eine geistliche Bürde

Eine geistliche Bürde ist etwas, das schwer auf dem Herzen eines Christen liegt. Sie ist keine gewöhnliche Sorge, Kümmernis oder Beunruhigung. Sie ist auch keine vorübergehende Gedankenabwesenheit. Auch ist eine geistliche Bürde nicht nur Bestandteil des Lebens eines Christen; sie ist vielmehr sein Leben.

Sie ist nicht etwas, das auf seinem Herzen oder seiner Gesinnung ruht, was er jederzeit zur Seite legen oder verschieben kann. Nein! Ganz im Gegenteil! Sie ist vergleichbar mit etwas, das in das Wesen eines Christen einzieht und es durchdringt, bis sein Herz, seine Gesinnung und Seele völlig und ausschließlich davon in Besitz genommen sind. Das bedeutet, dass er seine Bürde nicht, wenn es ihm gerade passt, ablegen und zu einer späteren Zeit wieder aufnehmen kann, weil sie ein Teil von ihm geworden ist. Sie verlässt ihn nicht, sondern geht hin, wo er hingeht und macht, was er macht.

Eine wahre geistliche Bürde wird von Liebe getrieben. Daher kann die Liebe nicht auf einer Bürde aufgebaut werden, sondern die Liebe selbst bewirkt, dass die Bürde zunimmt. In der Tat ist die Liebe der Anfang, das Leben und das Ende einer jeden wahren Bürde gewesen, die die Männer Gottes durch die Geschichte hindurch getragen haben. Liebe ist die ausschlaggebende Quelle der Bürde. Ist die Liebe unzureichend, wird die Bürde infolgedessen Mangel leiden. Wenn die Liebe erkaltet ist, wird es keine brennende Bürde geben. Geistliche Liebe und eine geistliche Bürde gehören zueinander.

Ausdauer ist das Kennzeichen einer wahren Bürde. Emotionen kommen und gehen, reizende Ziele verblassen und selbst ernsthafte Bedenken sind dafür bekannt, dass sie sich wieder legen. Was jedoch die geistliche Bürde betrifft, sehen wir eine gleich bleibende, felsenfeste Beständigkeit, Stärke und Ausdauer – eine Ausdauer, die sich in der heftigsten Prüfung bewährt. Diese beständige Ausdauer setzt sich über die sich ständig verändernden Jahreszeiten hinweg, verhöhnt den Untergang der Sonne und nimmt das Kommen eines neuen Jahres nicht wahr. Der Tod ist das Einzige, das ihr überhaupt Linderung schaffen kann. In der Tat lebt und wirkt eine Bürde weiter, als wäre die Zeit etwas, das nicht existierte.

Eine echte Bürde kennt keine Grenzen. Ja, sie ist buchstäblich grenzenlos! Jede natürliche Grenze wird durch die feste Entschlossenheit der Bürde herausgefordert. Physische und kulturelle Hindernisse werden durch ihre Unbefangenheit überwunden. In der Tat sieht eine wahre Bürde mehr als die Unterschiede in der Rasse, Farbe, Bildung oder irgendeine andere Art der “sozialen Stellung”.

Geistliche Hürden haben ebenfalls keine Chance auf Erfolg, wenn sie sich einer unbeirrten, beherzten Bürde in den Weg stellen. All diese Hindernisse erscheinen wie winzige Eiswürfel, die, wenn man sie ins lodernde Feuer wirft, schnell verdampfen. Das weit blickende Auge der Bürde ist nur darauf ausgerichtet, nach der Bürde Ausschau zu halten. Eine von Gott gegebene Bürde wird sich keinem Feind unterwerfen; auch wird sie nicht vor Hindernissen haltmachen, sondern sie wird sie immer überwinden und besiegen.

Folgendes Merkmal ist das mächtigste aller Merkmale: Die geistliche Bürde ist nicht selbstsüchtig. Viele Leute behaupten, dass sie lieben, und verkünden sogar, dass sie eine aufrichtige Bürde haben. Wenn sie jedoch selbst auf dem Spiel stehen, schleichen sie feige davon und suchen, vor der Verantwortung, die eine Bürde mit sich bringt, zu fliehen. Ein Herz, das von einer Bürde erfüllt ist, denkt nicht an sich selbst. Es kann es nicht, weil es nicht der Bürde entspricht.

Die Seele, die eine Bürde trägt, nimmt Unannehmlichkeit, Mühe und Ungemach mit Freude auf, wenn auf diese Weise das Werk vorangetrieben werden kann. Dies ist das Einzige, was sie sieht, hört und fühlt. Alles andere ist weit entfernt und völlig bedeutungslos im Vergleich zur alleinigen Notwendigkeit – nämlich der Bürde. Eine wahre Bürde kann nur in einem selbstlosen Umfeld gedeihen. Die Eigenliebe ist ein tödlicher Krebs, der ohne Ausnahme selbst der lebhaftesten Bürde den Todesstoß versetzt. Sich selbst abzusterben, bedeutet Leben für die Bürde.

Der Mensch hat einen Drang zu leben. Alles nur Mögliche wird unternommen, um den Tod zu verhindern. Dennoch hat das Wohl der Bürde für einen mit einer Bürde beladenen Christen mehr Gewicht als das Wohl seines Lebens. In der Tat muss es sich lohnen, für eine Bürde zu sterben oder aber es lohnt sich nicht, für sie zu leben.

Erst wenn der Christ entschlafen ist – nachdem er die Bürde Gottes treu getragen hat und sicher in seinem Heim angekommen ist – wird er seine Bürde für immer ablegen. Amen.

Br. Thomas Tovstiga

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