EINE GEOPOLITISCHE GEFAHR

Die ketzerische Lehre des Millenarismus wurde durch die Left Behind-Romane (deutscher Titel: Finale – Die letzten Tage der Erde) von Tim LaHaye und Jerry Jenkins populär. Als LaHaye 2016 starb, waren bereits über 80 Millionen Exemplare verkauft worden. Im Jahr 2001 wurde LaHaye vom Institute for the Study of American Evangelicals zum einflussreichsten amerikanischen evangelikalen Führer der letzten 25 Jahre ernannt. Und er war ein Mann, der Verbindungen zum Weißen Haus hatte.

Die Prämisse dieses „messianischen Dramas hat zu einem bemerkenswerten Bündnis zwischen christlichen Evangelikalen und den israelischen Rechten geführt. Infolgedessen haben politische Ansichten, die aus apokalyptischer Vision entstanden – einst als extremis­tisch und wahnhaft abgetan – nicht nur die Massenkultur erobert, sondern den politischen Diskurs bis nach Jerusalem und ins Weiße Haus geprägt. Werden diese zu ernst genommen, könnten die geopolitischen Folgen katastrophal sein.“1

„1981 half LaHaye bei der Grün­dung des Council for National Policy (CNP – Forum zur Förderung der politischen und christlichen Rechte), einer mächtigen Koalition bestehend aus industriellen Milliardären, fundamentalistischen Predigern und rechten Taktikern.“ Sie nahmen sich vor, eine Strategie für die Neue Rechte zu entwickeln. Die Mitgliedschaft ist geheim, jedoch hieß es, dass Jerry Falwell und Pat Robertson, sowie führende politische Strategen der Rechten, republikanische Senatoren und Abgeordnete, Ronald Reagan, beide George Bushes und Kabinettsmitglieder dazugehörten.

Im Jahr 1999 warb George W. Bush bei den Evangelikalen um Unterstützung für seine Präsidentschaftskandidatur, und seit Beginn seiner Präsidentschaft, so Falwell, habe der CNP regelmäßig Zugang zum Oval Office erhalten.

Diejenigen, die von dieser falschen Eschatologie verführt wurden, haben dazu beigetragen, den Friedensprozess in Israel zu stören. „Ich war vier Jahre lang Botschafter während des Friedensprozesses, welchen die christlichen Fundamentalisten vehement ablehnten“, sagt Itamar Rabino­vich, der zwischen 1993 und 1996 israelischer Botschafter in den USA war. „Sie glaubten, dass das Land aufgrund göttlichen Rechts zu Israel gehöre“ und wurden Teil einer Kampagne der israelischen Rechten, um den Friedensprozess zu untergraben.

Benjamin Netanjahu nutzte die christlichen Rechte, um den Druck der Clinton-Regierung abzuwehren und den Friedensprozess voranzutreiben. Jerry Falwell versprach ihm, Pastoren zu mobilisieren, die sich gegen die Rückgabe von Teilen des Westjordanlandes an die Palästinenser wehren würden. Der Fernsehprediger John Hagee heizte die Menge mit seiner end­zeitlichen „Entrückungsmanie“ ­an­ und brachte sie mit wahnsinnigem Geleier wie „Nicht einen Zentimeter“ – eine Anspielung darauf, wie viel vom Westjordanland unter palästinensische Kontrolle gestellt werden sollte – in Rage. Er spendete außerdem 1 Million Dollar an den United Jewish Appeal. Der Friedensprozess wurde, wie auch schon unter der Bush-Regierung, vereitelt.

Und auch heute sind wir wieder mit einer äußerst bedauernswerten Situation konfrontiert, in der viele Menschen, zum Teil aufgrund einer falschen biblischen Lehre, sterben. Alle Irrlehren haben schädliche Folgen.

Der Prämillenarismus ist die am weitesten verbreitete christliche Eschatologie.

Laut einer Time/CNN-Umfrage aus dem Jahr 2002 glauben 59 Prozent der Amerikaner an das Eintreten der Ereignisse in der Offenbarung [wie LaHaye sie lehrt]. In den USA gibt es bis zu 70 Millionen Evangelikale, etwa 25 Prozent der Bevölkerung, die mehr als 200.000 evangelikale Kirchen besuchen.

„Die Liebe zu Israel wird manch­mal von einem rassistischen Hass auf Araber begleitet. Bei mehreren Anlässen sagte ein israelischer Führer auf LaHayes und Fraziers Tour der Gruppe, dass sich Araber ‚wie Flöhe vermehren‘ und bald in die Wüste gezwungen würden. LaHayes Anhänger reagierten darauf mit herzlichem Gelächter und Applaus.“

 

 

1] https://vanityfair.com/news/2005/12/rapture200512

Der gesamte zitierte Text stammt aus dem Artikel der Vanity Fair-Zeitschrift.

 

SCHW. SUSAN MUTCH

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